Steine- und Erdenrohstoffe in Brandenburg und ihre Nutzung

Dr. Thomas Höding & Frank Ludwig
Landesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe Brandenburg


 


 

 

Rohstoffressourcen

Ausschlaggebend für das Auftreten der verschiedenen Rohstoffressourcen ist der geologische Bau der oberflächennahen Bereiche der Erdkruste.

Über 95 % des Territoriums Brandenburgs werden von quartären Lockergesteinen geprägt. Sie sind das Ergebnis der vielfältigen Aufschüttungs- und Abtragungsprozesse während der mehrfachen Inlandeisvorstöße. Diese hinterließen ein Landschaftsbild, das charakterisiert ist durch einen Wechsel von vorwiegend aus Grund- und Endmoränen aufgebauten Hochflächen und Niederungen (Urstromtäler).

Die in der Hauptsache aus Geschiebemergeln, Kiesen, Sanden und Tonen bestehenden pleistozänen Ablagerungen sind im allgemeinen zwischen 50 und 150 m mächtig und bilden aufgrund ihres hohen Anteils am oberflächennahen geologischen Bau Brandenburgs den Hauptteil des hier vorhandenen Potentials an Steine- und Erdenrohstoffen.

Dagegen ist der Anteil oberflächennah anstehender präquartärer Bildungen relativ gering und beschränkt sich in der Hauptsache auf tertiäre Lockergesteine in Form von Braunkohle, Quarzsand und Ton, die vornehmlich in der Lausitz in großem Umfang auftreten, kreidezeitliche Ablagerungen bei Schmölln (östlich von Prenzlau) sowie Muschelkalk bei Rüdersdorf und die altpaläozoischen bis präkambrischen Grundgebirgsaufragungen im Süden Brandenburgs (z.B. Koschenberg, Rothsteinfelsen u.a.)

Aus dem geologischen Bau Brandenburgs resultieren die Lagerstätten der im folgenden genannten wirtschaftlich bedeutenden Steine- und Erdenrohstoffe.


Kiessande und Sande:

Hierbei handelt es sich um quartäre, meist glazifluviatile bis fluviatile Bildungen, die in verschiedenen geologischen Positionen und damit verbunden auch mit unterschiedlichen Lagerstättengrößen und Qualitäten auftreten. Es können fluviatile Lagerstätten im Bereich fossiler bzw. rezenter Flussläufe (z.B. Flussschotter der Elbe im Kreis Elbe-Elster), Lagerstätten in endmoränalen Aufschüttungen, die den ehemaligen Eisrandlagen folgen, Lagerstätten in Sandergebieten und Urstromtälern sowie isolierte Lagerstätten in Grundmoränenkomplexen und in Osern und Kames unterschieden werden.

Erkundungsbohrung auf Kiessand im Bergwerksfeld Zossen,
Kreis Teltow-Fläming



Rohstoffgeologisch weniger interessant sind dagegen aufgrund ihrer hohen Gleichförmigkeit und geringen Korngröße die Dünensande.

Ausschlaggebend für die Bewertung einer Kiessandlagerstätte, die der Herstellung von Zuschlagstoffen für die Bauindustrie dient, ist neben vielen anderen Kriterien in erster Linie der Kiesgehalt, d.h. der Korngrößenanteil > 2 mm.

Gewinnung von Kiessanden und Transport zur Aufbereitung
mit Radlader im Kiessandtagebau Althüttendorf, Kreis Barnim


Spezialsande:

Entsprechend ihrer Verwendung umfasst diese Kategorie sowohl Glas- als auch Gießereisande. Entscheidend für den Einsatz als Glassand ist neben einem hohen SiO2- Anteil (möglichst > 99 %) der Gehalt an Über- und Unterkorn sowie die Konstanz der chemischen Zusammensetzung. Einzige derzeit in Betrieb befindliche Glassandlagerstätte ist die Lagerstätte Hohenbocka. Gegenstand des Abbaus sind hier miozäne Quarzsande der Unteren Briesker Schichten.

Darüber hinaus könnten in Abhängigkeit von der gesamtwirtschaftlichen Situation auch einige kleinere Vorkommen für eine kleintonnagige Gewinnung erschlossen werden. Neben der Verwendung von tertiären Quarzsanden weisen neueste Untersuchungen darauf hin, dass zumindest für die Produktion von Behälterglas auch ausgewählte quartäre Sande geeignet wären.

Für die Gewinnung von Gießereisanden kommen hauptsächlich miozäne Quarzsande der Quarzsand- als auch der Formsandfolge in Frage. Bis 1980 wurden Gießereisande in größerem Umfang in den Rauener Bergen bei Petersdorf für das ehemalige Stahlgusswerk Fürstenwalde abgebaut. Gegenwärtig findet kein Abbau derartiger Sande für diesen Einsatzzweck statt.

Mit den Lagerstätten Booßen-Sieversdorf 1 und 2 befinden sich unmittelbar westlich von Frankfurt (Oder) zwei vorerkundete Lagerstättenfelder, die als Bergwerkseigentum veräußert wurden und für die eine spätere Nutzung in Aussicht gestellt ist.

 



Tonrohstoffe:

In mehr als 50 Lagerstätten verfügt Brandenburg über einen Vorrat an erkundeten Tonrohstoffen von insgesamt ca. 130 Mio t. Des Weiteren existieren ca. 100 Mio t potentielle Vorräte an Tonrohstoffen, deren wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten jedoch erst durch weitere Untersuchungsarbeiten geprüft werden müssen.

 



Als die hochwertigsten brandenburgischen Tone sind die oligozänen Septarientone, die in Folge von Eistektonik überwiegend als wurzellose Schollen in Oberflächennähe gelangten und hauptsächlich in den Stauchungsgebieten im Nordosten des Landes vorkommen sowie die miozänen Flaschentone, die meist als Begleitrohstoff bei der Braunkohlengewinnung in der Lausitz aufgeschlossen sind, anzusehen.

Gewinnung pleistozäner Bändertone im Tagebau Streesow,
Kreis Prignitz

Detailaufnahme Septarienton der Lagerstätte
Joachimsthal-Voigtswiese, Kreis Barnim

 

Am häufigsten treten allerdings die pleistozänen Bändertone und -schluffe, feinste Ablagerungen in Eisstauseen, die durch ihre charakteristische Bänderung den jahreszeitlichen Klimawechsel dokumentieren, auf. Aufgrund ihrer mineralogischen und granulometrischen Zusammensetzung werden diese Tone in der grobkeramischen Industrie hauptsächlich als Verschnittkomponenten mit höherwertigen Tonrohstoffen verarbeitet.


Produktion von Klinkern im Klinkerwerk Buchwäldchen bei Calau,
Kreis Oberspreewald-Lausitz"



Als weiterer Tonrohstoff gewinnt gegenwärtig der Geschiebemergel bzw. -lehm zunehmend an Bedeutung. Durch seinen Durchlässigkeitsbeiwert, der Werte von bis zu 5 x 10-9 erreichen kann, und seine gute Einbaufähigkeit hat sich dieses Material bei der Sanierung der durch das Hochwasserereignis von 1997 stark beschädigten Oderdeiche bewährt. Aufgrund dieser Eigenschaften ist es vorgesehen, den Geschiebemergel auch als Oberflächenabdichtung bei der Deponiesanierung einzusetzen.


Kalkstein:

Eine der bedeutendsten Lagerstätten in Brandenburg ist der Kalksteintagebau bei Rüdersdorf, östlich von Berlin. Durch halokinetische Prozesse erfolgte eine Aufwölbung der prätertiären Gesteine, die dazu führte, dass Ablagerungen des Muschelkalkes, die in diesem Raum eigentlich erst in einer Teufe von > 1000 m angetroffen werden, an die Oberfläche gelangten. Ziel der Abbautätigkeit ist in erster Linie die Gewinnung der dem Unteren Muschelkalk angehörenden Wellen- und Schaumkalke. Ihre Verarbeitung erfolgt in der Hauptsache zu Zement und Branntkalk, es werden aber auch in geringem Umfang Werksteine und Klassierprodukte (Schotter, Splitt, Steinmehl) produziert. Die im Abbauprozess mitgewonnenen Gesteine des Mittleren Muschelkalkes werden zu Düngemergel weiter verarbeitet.


Kalksteintagebau Rüdersdorf


Vor allem in Hinblick auf den nahen Berliner Wirtschaftsraum hat die Zementproduktion in Rüdersdorf entscheidende Standortvorteile und ist von großer wirtschaftsstruktureller Bedeutung.


Grauwacke:

Die beiden einzigen in Betrieb befindlichen Hartgesteinstagebaue Brandenburgs, die Lagerstätten Koschenberg und Großthiemig, befinden sich im Süden des Landes, im unmittelbaren Grenzbereich zum Freistaat Sachsen. Gegenstand der Gewinnungstätigkeit ist proterozoische Grauwacke, das älteste oberflächig anstehende Gestein Brandenburgs. Altersmäßig werden die Grauwacken der Kamenzer Serie zugeordnet, die nach neuesten Untersuchungen ins Vendium (570 - 680 Mio Jahre) eingestuft wird.

Die Produktpalette der beiden Tagebaue ist sehr vielgestaltig und umfasst u.a. Edelbrechsand, Edelsplitt, Schotter und Asphaltmischgut. Überschlägige Berechnungen haben einen nutzbaren Vorrat an Grauwacke von ca. 300 Mio t ergeben.

Neben den hier aufgezählten gibt es noch eine Reihe weiterer Rohstoffe, die gegenwärtig gar nicht bzw. nur in sehr geringem Umfang genutzt werden. Dazu zählen z. B. Torf, Wiesenkalk, Auelehm und Raseneisenerz.

Torf, der bis Anfang 1990 in Größenordnungen von bis zu mehreren zehntausend Tonnen pro Jahr und Lagerstätte und in erster Linie für die Produktion von Feldbaukompost abgebaut wurde, wird heute im Land Brandenburg nur noch in 5 Lagerstätten für balneologische Zwecke gewonnen. Die Jahresförderung liegt hier zwischen 1000 - 3000 Tonnen pro Lagerstätte.

Eingestellt wurde nach hoffnungsvollem Wiederbeleben Anfang 1990 auch die Gewinnung von Hartgesteinen aus Blockpackungen der pleistozänen Eisrandlagen. Diese eignen sich für die Produktion von Schotter und Splitt, in besonderem Maße jedoch zur Herstellung von Deko-Steinen bzw. für Restaurationsarbeiten in der Denkmalpflege.


Tendenzen in der Rohstoffgewinnung und -nutzung

In den Jahren seit der Wiedergründung des Landes Brandenburg war eine wechselvolle Entwicklung der Nutzung der einheimischen Rohstoffe der Steine und Erden Industrie zu beobachten.

Betrug die Förderung an Steine- und Erdenrohstoffen im Jahr 1992 lediglich 21,5 Mio t, so wurde sie in den darauf folgenden Jahren bis 1996 stetig gesteigert (siehe Tab. 1). Schwerpunkte der Rohstoffgewinnung sind vor allem die Kreise Elbe-Elster, Märkisch-Oderland, Barnim und Oberspreewald-Lausitz. Für das Land Brandenburg wurde auf den "Steine- und Erden Tagen" 1995 und 1997 herausgestellt, dass die Steine- und Erdenindustrie als eine der Grundlagen des Konjuktur- aufschwunges, der wesentlich von der Bauwirtschaft getragen wird, anzusehen ist.

 
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
Kiessande/Sande
21,1
22,9
24,6
22,7
20,9
18,8
17,0
13,9
Quarz/Quarzsande
2,7
4,4
3,8
3,0
4,5
4,4
5,0
5,0
Kalkstein
2,7
2,8
3,6
3,8
3,8
3,6
3,5
3,7
Grauwacke
2,8
2,6
2,5
2,4
2,5
2,5
2,5
2,5
Ton
0,5
0,7
0,9
1,0
0,8
1,0
1,0
0,9
Torf
0,2
0,1
0,1
0,1
0,04
0,1
0,004
0,003
Summe
30,0
33,5
35,5
33,0
32,5
30,4
29,0
26,0

Tab. 1: Förderzahlen Steine- und Erdenrohstoffe in Brandenburg, in Mio t
(Quelle LBB)

Der Steine- und Erdenbergbau schaffe und sichere Produktion und Beschäftigung weit über den eigenen Bereich hinaus. Etwa 60 % der Betriebe sind klein- und mittelständisch und haben weniger als 10 Beschäftigte. Es ist davon auszugehen, dass jeder im Steine- und Erdenbergbau Beschäftigte weitere 5 Arbeitsplätze im Transportgewerbe und der nachfolgenden Weiterverarbeitung schafft.

Seit 1997 geht die Förderung an Steine- und Erdenrohstoffen stetig zurück. Die Gründe dafür sind hauptsächlich im Stagnieren der Bauwirtschaft seit 1996 zu sehen. Hierbei war die brancheninterne Entwicklung jedoch uneinheitlich. Während der gewerbliche Bau und Industriebau deutliche Einbußen zeigten, legte der Wohnungsbau zu. Auf das Problem möglicher Überkapazitäten der Steine- und Erdenindustrie in Brandenburg (z.B. bei Kalksandsteinwerken) reagierte das Wirtschaftsministerium Ende 1996 mit der Entscheidung, die Errichtung neuer Werke über bereits erteilte Bewilligungen hinaus nicht mehr aus Landesmitteln zu fördern. Inwieweit von der Rohstoff- und Bauwirtschaft künftig wieder verstärkte Wachstumsimpulse ausgehen, hängt insbesondere von der Weiterentwicklung der Verkehrsprojekte des Bundes sowie von der Reaktion der Bauherren auf die veränderten steuerlichen Rahmenbedingungen ab.

Insbesondere die öffentliche Hand hat direkten Einfluss auf den Rohstoffverbrauch, da im Bundesmaßstab ca. 60 % der gesamten Steine- und Erdenproduktion für öffentliche Bauvorhaben benötigt werden. In Brandenburg dürfte dieser Anteil aufgrund des großen Anteils von Baumaßnahmen an infrastrukturellen Einrichtungen noch größer sein.

1998 wurde für das Gebiet der gesamten Bundesrepublik eine Prognose über die mittel- bis langfristige Nachfrage nach oberflächennahen Primärrohstoffen vorgelegt, das sogenannte Fleckenstein-Gutachten. Der Kern des Prognoseansatzes liegt in der Erfassung des Bauwerksbestandes und der Prognose seiner Zu- und Abgänge bis zum Jahr 2040. Dazu wurde ein Erwartungskorridor abgebildet, der im Ergebnis eine langfristige deutliche Verringerung der Nachfrage nach Steine- und Erdenrohstoffen voraussagt.

Bedarfsschätzungen für Steine- und Erdenrohstoffe im Land Brandenburg sind oft schwer mit einander vergleichbar, da nicht in jedem Fall der Bedarf des Landes Berlin einbezogen wird. Da Berlin jedoch allseitig von Brandenburg umschlossen wird und Berlin-Brandenburg zunehmend einen gemeinsamen Wirtschaftsraum bildet, kommt man nicht umhin, den Rohstoffbedarf für beide Länder gemeinsam zu betrachten, auch wenn Berlin eine Reihe von rohstoffwirtschaftlichen Sonderbeziehungen aufweist. Gemeint sind damit die trassengebundenen Materialströme an Steine- und Erdenrohstoffen in die Hauptstadt hinein, die an Brandenburg regelrecht "vorbeigehen". So beziehen Großbaustellen im Zentrum von Berlin einen Großteil ihrer Betonzuschlagstoffe auf dem Schienenweg aus Sachsen-Anhalt, ferner erreichen auf den Wasserstraßen Kiessand- und Zementtransporte aus Polen die Hauptstadt.

Der Bedarf an Steine- und Erdenrohstoffen betrug in den alten Bundesländern in den vergangenen Jahrzehnten ca. 10 t pro Einwohner und Jahr. In den neuen Bundesländern lag dieser Wert im Durchschnitt der letzten 10 Jahre bei 12 bis 15 t pro Einwohner und Jahr und liegt auch heute noch über dem der alten Bundesländer.

Aus jetziger Sicht kann jedoch von der Annahme ausgegangen werden, dass sich der Bedarf in den neuen Bundesländern nicht zuletzt aufgrund der Rezession der Baukonjunktur innerhalb weniger Jahre dem bundesdeutschen Durchschnitt angleichen wird. Für Berlin-Brandenburg können weiter leicht höhere Bedarfswerte von ca. 11 - 12 t pro Einwohner und Jahr über die nächsten Jahre angenommen werden, die mit dem weiteren Verkehrswegebau bzw. dem Hauptstadtausbau begründet werden können.