3.1.1 Regionalgeologische Situation
Der Jebel Tawiga wird von einer paläozoischen residualen
Verwitterungskruste aufgebaut (GERMANN et al. 1993), die wegen ihrer Altersstellung
und ihrer Bauxitführung eine Besonderheit im gesamten nordafrikanischen
Raum darstellt. Das unverwitterte Grundgebirge erhebt sich im Norden als
Jebel Rahib-Faltenzug und taucht in einem südwestlichen Bogen im Bereich
der Jebel Tawiga und Tageru unter paläozoische und kretazische Sandsteine
ab.
Die Gesteine des Jebel Rahib Belt setzten sich größtenteils
aus Metasedimenten, Mafiten, Ultramafiten, Granitoiden, Myloniten und
Cherts zusammen, die einer niedrig- bis mittelgradigen Metamorphose ausgesetzt
waren (Abb. 9). Nach ABDEL RAHMAN et al. (1990) handelt es sich bei dem
Ultramafit-führenden östlichen Teil des Jebel Rahib Belt um einen spätproterozoischen
Ophiolithkomplex.

Abb. 9: Geologische Karte des Jebel Rahib-Faltenzugs
(nördlich des Jebel Tawiga)
(ABDEL RAHMAN et al. 1990).
Das Gebiet des Jebel Tawiga liegt in der südwestlichen Verlängerung
des Jebel Rahib und ist durch das Auftreten stark geschieferter Metabasalte,
Metapelite, kristalliner Schiefer und Chertgesteine gekennzeichnet, die
unterschiedlich stark verwittert sind. Eine Verwitterungskruste mit Mächtigkeiten
bis zu 25 m ist vor allem auf den mengenmäßig überwiegenden Metabasalten,
aber auch auf metapelitischen Gesteinen entwickelt. Im Gegensatz zu den
Voruntersuchungen von FISCHER (1989), der die Gesteine als Umlagerungsprodukte
interpretierte, handelt es sich tatsächlich um in-situ-Bildungen.
In einigen Bereichen wird die Verwitterungskruste von geringmächtigen
oberordovizisch-untersilurischen Sandsteinen der Umm Ras Formation überlagert.
Als Zeugen einer nach Süden gerichteten Transgression gegen Ende des Ordoviziums
bzw. des frühen Silurs können die spurenfossilreichen Sedimente der Umm
Ras Formation im Gebiet des Jebel Uweinat bei Atrun bis hin zum Jebel
Tageru und Jebel Tawiga verfolgt werden (WYCISK et al. 1990, KLITZSCH
& WYCISK 1987) (Abb. 10).
Am Jebel Tageru setzt die Umm Ras Formation mit einem geringmächtigen
Basalkonglomerat diskordant auf dem verwitterten präkambrischen Grundgebirge
ein. Darüber folgen tidale bis subtidale Silt- und Feinsandsteine, die
als Rinnensedimente interpretiert werden (WYCISK 1990).
Abb. 10: Paläogeographische Situation im
Silur (nach KLITZSCH & SEMPTNER 1993).
Sie enthalten u.a. die Spurenfossilien Cruziana acacensis
und Harlania harlani. Nach SEILACHER & ALIDOU (1988) ist Cruziana acacensis
indikativ für silurisches Alter. Im oberen Teil der Sequenz treten mittel-
bis grobkörnige, z.T. konglomeratische, bioturbate Sandsteine auf, die
sich durch eine große Anzahl vertikaler Skolithos-Bauten sowie durch das
Auftreten von Monocraterion auszeichnen. Schräggeschichtete, mittel- bis
grobkörnige Sandsteine eines ehemals verzweigten Flußsystems mit Mächtigkeiten
von ca. 80 m schließen sich an. Paläoströmungsmessungen ergaben hier Werte
um 30°.
Die Verzahnung von fluviatilen und flachmarinen Sedimenten
belegt ein Ablagerungsmilieu im Bereich einer Küstenebene. Das gefaltete
und verwitterte Grundgebirge mag im Gebiet des Jebel Tawiga teilweise
in Form von Inseln aus dem flachen Meer herausgeragt haben. Geringmächtige
Skolithos-Sandsteine, die sich an und um die Flanken der Hügelketten legen
und partiell ein umlaufendes Streichen zeigen, lassen diese Interpretation
zu.
Die Ursache für den ungewöhnlich guten Erhaltungszustand
der paläozoischen Verwitterungskruste ist einerseits durch deren Position
in einer reliefarmen Küstenebene zu sehen, andererseits wurden die relativ
weichen lateritischen Gesteine infolge der raschen Überdeckung durch die
schützenden Sandsteine vor Erosion bewahrt. Aufgrund mangelnder Möglichkeit
einer exakten Altersdatierung, kann lediglich eine Zeitspanne der Lateritisierung
abgeleitet werden. Diese liegt zwischen dem Ende der strukturellen Entwicklung
des Pan-Afrikanischen Grundgebirges vor ca. 570 Mio. Jahren (SCHANDELMEIER
et al. 1990) und der Transgression des silurischen Meeres (GERMANN et
al. 1992, 1993).
Postsedimentäre Bewegungen sind durch das Auftreten von
Staffelbrüchen belegt. Einzelne Pultschollen tauchen mit 10° bis 20° nach
Westen bzw. Nordwesten ab. Der Kontakt zwischen verwittertem Grundgebirge
und silurischen Sandsteinen weist über geringe Entfernungen hinweg Höhenunterschiede
von mehreren Zehnermetern auf. Verwittertes Grundgebirge und silurische
Sandsteine weisen ein übereinstimmendes klufttektonisches Muster auf (Abb.
11), sind also gemeinsam von einer jüngeren bruchhaften Deformation erfaßt
worden. Die am häufigsten gemessenen Werte zwischen 120° und 160° stimmen
mit einer der zwei kartierten, größer dimensionierten Störungsrichtungen
überein (Blatt El `Atrun / NE 35 - JAS et al. 1988). Die zweite Hauptstörungsrichtung
mit 15° Streichen läßt sich in den Aufschlüssen am Jebel Tawiga jedoch
nicht nachvollziehen. Neben einem ausgeprägten vertikalen Kluftmuster
existieren auch horizontale Entspannunsklüfte.
An einigen Stellen ist in den verwitterten Grundgebirgsgesteinen
ein isoklinaler Faltenbau erhalten, dessen Faltenachsen nach NNE gerichtet
sind. Wie aus dem Satellitenbild in Abb. 8 ersichtlich ist, verläuft die
generelle Streichrichtung der Faltenzüge im Gebiet des Jebel Tawiga in
NE-SW-Richtung, wobei ein leichtes Umbiegen gegen Westen festzustellen
ist. Die Schieferungsflächen im unverwitterten Grundgebirge verlaufen
zwischen 40° und 70°, liegen also annähernd senkrecht zur jüngeren Hauptkluftrichtung
und parallel zu den alten Faltenachsen.
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Abb. 11: Kluftmessungen im verwitterten
Grundgebirge und in den silurischen Sandsteinen (n=30). |
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