3.1.2 Lithologie und Mineralogie

Die insgesamt bis zu 25 m mächtige Verwitterungkruste entspricht in typischer Weise einem lateritischen Verwitterungsprofil, das im obersten Bereich erodiert und partiell von den untersilurischen Sandsteinen überdeckt wurde (Abb. 12).

Abb. 12: Schematische Darstellung des Aufbaus der paläozoischen Verwitterungskruste am Jebel Tawiga.

Im Verwitterungsprofil läßt sich zwischen einem Saprolith und dem überlagernden Laterit unterscheiden, die beide hohe Kaolinitgehalte besitzen. Der Saprolith steht in Kontakt zum unverwitterten Ausgangsgestein und zeichnet sich durch reliktische Erhaltung von Gefügemerkmalen aus. Insbesondere bei metapelitischen Ausgangsgesteinen lassen sich schiefrige Texturen sowie Faltenstrukturen sowohl im mm- als auch im Zehnermeterbereich erkennen, die sich jedoch mit dem Übergang in die Laterite verlieren und einen mehr schlierig-diffusen Charakter annehmen, der entfernt an Gneise oder Migmatite erinnert. Auch lassen sich Übergänge zu parallelen Bändergefügen, die wesentlich durch Migration eisenreicher Lösungen verursacht wurden, erkennen.

Die lateritischen Gesteine im oberen Teil des Verwitterungsprofils, mit Mächtigkeiten zwischen 2 und 10 m, sind hauptsächlich durch ihre hohe Dichte und Härte (Mohssche Härte ~ 3,5 - 4) sowie durch das Fehlen reliktischer Gefügemerkmale gekennzeichnet. In diesem strukturlosen, meist weißen Kaolin treten Fe-Konkretionen in Form hämatitreicher "Mega-mottles" auf, die einen Durchmesser von 2-3 m und mehr erreichen können (Abb. 13). Diese "mottles" zeigen keinen Bezug zu Klüften, aus denen eine Zufuhr eisenreicher Lösungen erfolgt sein könnte und weisen zum weißen Kaolin meist scharfe Kontakte auf. Im Gegensatz dazu lassen sich jedoch auch vereinzelt Eisenimprägnationen beobachten, die sich entlang von Klüften entwickelt haben und die oftmals goethitische Bänder enthalten (Abb. 14).

Abb. 13: "Mega-mottles" im Tawiga-Laterit.

Abb. 14: Kluftgebundene Eisenimprägnation im Tawiga-Laterit.

 

In einigen Bereichen des Untersuchungsgebietes sind hämatitreiche, homogene Zonen, die sich lateral über mehrere Zehnermeter erstrecken, vorhanden. Tendenziell nehmen die Fe-Gehalte zum Hangenden hin zu. Auch konkretionäre pisolithische Gefüge, wie sie häufig auch in Bauxiten vorkommen, lassen sich stellenweise in den Lateriten beobachten. Sämtliche Gesteinstypen der lateritischen Fazies zeigen wachsartig glattpolierte Oberflächen, die durch Windschliff verursacht sind.

Die Tawiga-Laterite besitzen die typischen Eigenschaften von Flintclays: Nach KELLER (1981) sind dies feinkörnige, kompakte, nicht spaltbare, im wesentlichen monomineralische kaolinitische Gesteine mit muscheligem "flintartigem" Bruch, die keine natürliche Plastizität besitzen und der Auflösung in Wasser widerstehen. Ferner sind Dichten über 2,0 charakteristisch für Flintclays. Diese Merkmale treffen für die Tawiga-Laterite zu. Bei der Ermittlung der Dichten mit Hilfe eines Luftvergleichspyknometers (Beckmann Modell 930) ergaben sich durchschnittliche Werte um 2,5 bei Fe2O3-Gehalten unter 3% (Abb. 15).

 
Fe2O3
< 15%
Arithm.
Mittel
Masse-%
Fe2O3
< 3%
Arithm.
Mittel
Masse-%
Fe2O3
< 2%
Arithm.
Mittel
Masse-%
Kaolinit
77,46
86,77
86,68
Böhmit
4,71
5,71
5,90
Hämatit/Goethit
13,21
2,04
1,72
Anatas/Rutil
3,01
3,87
4,10
Crandallit
1,35
1,16
1,23

Dichte
2,71
2,51
2,53
n
9
11
8

 

 

Abb. 15: Häufigkeitsverteilung der ermittelten Dichten für die Tawiga-Kaoline sowie Dichten in Abhängigkeit vom Fe2O3-Gehalt.

 

Die mineralogische Zusammensetzung der saprolithisch-lateritischen Verwitterungskruste ist hauptsächlich durch Kaolinit, Hämatit, Goethit, Anatas, Rutil und Böhmit gekennzeichnet (WIPKI 1991) (Abb. 16). Die Böhmitgehalte betragen im Durchschnitt 3,5%, können jedoch lokal Werte bis zu 31% erreichen (Tab. 4, Abb. 17, 18). In den Röntgendiagrammen läßt sich Quarz nur als Relikt in Saprolithen mit metapelitischem Ausgangsgestein nachweisen oder ist durch überlagernde Sandsteine eingeschleppt. Als Nebenkomponenten wurden Minerale der Crandallit-Gruppe sowie vereinzelt Kryptomelan, Calcit und Gips ermittelt. Anstelle von Böhmit wurde in einigen Fällen auch Gibbsit nachgewiesen. Außerdem treten gelegentlich geringe Diasporgehalte in Konzentrationen von 1-2% in Paragenese mit Böhmit auf.

Abb. 16: Häufigkeitsverteilungen der Minerale Kaolinit, Hämatit-Goethit und Böhmit im Tawiga-Laterit.

 

n = 130 arithm. Mittel Stand.-
Abweichung
Minimum Masse-%
Maximum
Masse-%
Kaolinit
74,1
21,20
2,1
95,5
Hämatit/Goethit
16,4
19,82
0,5
93,5
Böhmit/Diaspor
3,5
5,54
0.0
30,7
Gibbsit
0,2
1,43
0,0
11,0
Crandallit
1,4
1,75
0,2
15,5
Anatas/Rutil
2,6
2,01
0,5
18,2
Quarz
1,5
5,76
0,0
41,3
Calcit
0,2
0,47
0,0
3,7
Kryptomelan
< 0,1
0,19
0,0
1,4
Gips
< 0,1
0,17
0,0
1,9

 

RFA-Summe
100,1
0,77
98,5
101,5
Mineralsumme
100,0
0,97
98,0
103,1
Differenz
0,2
0,50
-1,8
1,3
Rest (Spuren)
0,5
0,27
0,2
1,9
Diff. Total
-0,3
0,54
-2,2
1.1

Tab. 4: Berechnete Haupt- und Nebenmineralphasen der Verwitterungskruste vom Jebel Tawiga (Gesamtgestein, Werte gerundet).

 

In der Abb. 17 sind die ermittelten Böhmit- und Gibbsitgehalte (Maximalgehalte einschließlich Diaspor) für die jeweiligen Probenpunkte dargestellt. Die höchsten Konzentrationen treten danach in zwei benachbarten Zentren auf, für die Maximalgehalte zwischen 11% und 31% analysiert wurden. Nach NNE und SSW nehmen die Gehalte tendenziell ab.

Die Begriffe Bauxit und Laterit werden oftmals für aluminium- und eisenreiche Verwitterungsprodukte verwendet. Das von ALEVA (1981) entwickelte Dreistoffdiagramm (Abb. 18) mit den Hauptkomponenten Hämatit, Böhmit und Kaolinit unterteilt die lateritischen Gesteine in insgesamt 13 Klassen. Nach dieser Klassifikation sind die Gesteine des Jebel Tawiga im wesentlichen als Kaoline und ferritische Kaoline zu bezeichnen. Übergänge in Laterit, bauxitischen Kaolin, kaolinitischen Ferrit und Ferrit sind durch mehrere Proben belegt.

Abb. 17: Räumliche Verteilung der Böhmit- und Gibbsitgehalte im Laterit des J. Tawiga.

Abb. 18: Klassifikation der Tawiga-Kaoline im Diagramm von ALEVA (1981).

Der chemisch-mineralogische Aufbau eines lateritischen Profils auf stark geschieferten Metabasalten wird in Abb. 19 verdeutlicht. Direkt über den Metabasalten sind im Saprolith relativ hohe Gehalte an SiO2 in Form von Quarz röntgendiffraktometrisch festzustellen. Das Auftreten von Quarz ist ungewöhnlich. Hierbei kann es sich nicht um eine Residualanreicherung, sondern nur um eine Neubildung handeln. Auch ist die Abfuhr von Alkali- und Erdalkalielementen hier noch nicht vollständig erfolgt. Über dieser Zone folgen Kaoline mit Böhmitanteilen um 2%. In der Mitte des Profils lassen sich keine Bauxitminerale feststellen. Im oberen Profilabschnitt sind die freien Aluminiumphasen wiederum in Form von Gibbsit mit Anteilen von ca. 5% vorhanden. Tendenziell nehmen die Konzentrationen an Kaolinit, Gibbsit, Hämatit sowie Crandallit und Anatas zum Hangenden zu. Bei den Spurenelementen läßt sich diese Zunahme insbesondere beim Zirkonium und Chrom feststellen.

Abb. 19: Mineralogische Zusammensetzung eines Profils am Jebel Tawiga (17°19'/27°10') sowie einzelne Elementgehalte.

Im oberen Abschnitt des Verwitterungsprofils zeigt sich eine starke Zunahme der TiO2-Konzentration, verbunden mit einer Erhöhung der Zr-, Nb-, Cr- und V-Gehalte. Dies läßt sich durch höhere Verwitterungsintensität in diesem Abschnitt erklären. Da jedoch freie Aluminiumphasen in diesem Horizont nur geringfügig vorhanden sind, ist eine Neubildung von Anatas anzunehmen, wobei eine über kurze Distanz abwärtsgerichtete Migration von TiO2-reichen Lösungen stattgefunden haben könnte. Andererseits besteht die Möglichkeit, daß beispielsweise in einem intensiv geklüfteten Bereich, in dem es verstärkt zur Bauxitbildung kam, nachfolgende Silifizierungsprozesse eine Umwandlung von Gibbsit in Kaolinit bewirkten. Die hohen Anatasgehalte blieben hingegen erhalten.

Viele der analysierten Proben zeigen hohe Anatas- und Rutilgehalte, die im Einzelfall einen Extremwert von mehr als 18% erreichen können. Vergleichbare hohe Konzentrationen werden von BARDOSSY & ALEVA (1990) für einen basaltderivaten Bauxit aus dem Gebiet Madhya Pradesh in Indien beschrieben, wo die Anatasgehalte bis zu 15% betragen. Nach MASON & MOORE (1985) sind TiO2 und Zr in Lateriten um das Vier- bis Fünffache gegenüber dem basaltischen Ausgangsgestein angereichert.

Mit Hilfe der Hinckley-Methode (HINCKLEY 1963) wurde der Ordnungsgrad der Kaolinite bestimmt. Der durchschnittliche Hinckley-Wert liegt bei Hi 1,0 (n = 42) (Abb. 20). Vergleichsweise besitzen die gut kristallisierten Kaolinite des Georgia-Kaolins ("weicher Kaolin") Hi-Werte zwischen 0,55 und 1,43 (WEAVER & POLLARD 1973). Größere Schwankungen dieses Kennwertes im Bereich zwischen Hi 0,6 und Hi 1,3 waren hauptsächlich in Kaolinen mit metapelitischem Ausgangsgestein zu verzeichnen. In den Profilen nimmt der Kristallinitätsindex tendenziell zum Hangenden hin zu. Bereits anhand von Dünnschliffuntersuchungen lassen sich unterschiedlich große Kaolinitkristalle innerhalb einer Probe nachweisen, die in Form größerer, gut kristallisierter Aggregate, sogenannten "booklets", in einer feinkristallinen Matrix vorliegen. Nach Untersuchungen von BUNDY et al. (1966) und WEAVER & POLLARD (1973) an sedimentären Kaolinen aus Georgia/USA sowie an einem hydrothermalen Kaolin aus England nimmt die Kristallinität mit zunehmender Partikelgröße zu. Auch MURRAY & LYONS (1960) stellten für Kaoline aus Georgia/USA und South Carolina/USA eine positive Korrelation zwischen der Anzahl der "booklets" und der Kristallinität fest. Des weiteren läßt sich im Tawiga-Flintclay teilweise "gelartiger" Kaolinit, der in Flecken oder als diffuse Adern auftritt, beobachten. Mit hoher Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um neoforme Bildungen, die durch Lösung und Wiederausfällung entstanden sind. Im Vergleich zum übrigen Kaolinit zeigt dieser eine schlechte Kristallinität, was sich insbesondere durch die unvollkommene Ausbildung des ersten Triplet im Röntgendiagramm bemerkbar macht (Abb. 21b).

Abb. 20: Häufigkeitsverteilung der Hinckley-Werte des Kaolinits in der Verwitterungskruste des J. Tawiga (n = 42).

 

 

Probe 2083 Probe 2003 a) b) K = Kaolinit, B = Böhmit, A = Anatas, R = Rutil, C = Crandallit-Minerale, H = Hämatit

Abb. 21: Röntgendiffraktogramm einer böhmitreichen Probe mit gut kristallisiertem Kaolinit (a) (Hinckley-Index 1,05) im Vergleich zu "gelartigem" Kaolinit (b) (Cu-Kà-Strahlung, 50 kV, 30 mA).

 

Nach DIMANCHE et al. (1974) läßt sich bei gut kristallisierten Kaoliniten ein zusätzlicher Reflex bei d = 4,12 beobachten. Dieser kann sich bei höchstem Ordnungsgrad auch aufspalten. Die Untersuchungen an den Tawiga-Kaoliniten haben gezeigt, daß dieser Reflex nur bei Proben mit einem Hinckley-Index (Hi) über 0,9 entwickelt ist, jedoch nicht zwangsläufig vorhanden sein muß.

Insgesamt betrachtet zeigen die Kaolinite der Tawiga-Proben einen guten bis sehr guten Ordnungsgrad. PATTERSON (1967) und VALETON (1972) weisen darauf hin, daß die meisten Kaolinite, die mit Bauxiten assoziiert sind, eine sehr gute Kristallinität besitzen. Für Flintclays ist generell eine hochgradige Strukturordnung der Kaolinite charakteristisch, was wahrscheinlich auf Umkristallisation und eine damit verbundene Vergrößerung der Einzelkristalle zurückzuführen ist (CUCHROV 1978).