6.1 Primäre Kaoline

Die böhmitführenden Laterite des Jebel Tawiga gehören zur Gruppe der Flintclays, die generell potentielle Rohstoffe für die Produktion von Feuerfestmaterial sind, das u.a. in der Eisen- und Stahlindustrie, im Ofenbau und in der Keramik-, Glas- und Zementindustrie Verwendung findet. Solche feuerfesten Produkte werden hauptsächlich für Anwendungen eingesetzt, in denen Temperaturen über 1200 °C auftreten oder die einer größeren Säurebelastung ausgesetzt sind (B.G.R. & PROGNOS AG 1986). Wesentliche Voraussetzungen für die Eignung als Feuerfestmaterial sind neben einem hohen Al2O3-Gehalt möglichst geringe Eisengehalte, Fehlen freier SiO2-Phasen und niedrige Gehalte an Alkalien (KELLER 1981). Hochfeuerfeste Tone besitzen Al2O3-Gehalte zwischen 38% und 42%, wobei der Fe2O3-Gehalt 2-3% nicht übersteigen darf (B.G.R. & PROGNOS AG 1986). Bei den Tawiga-Lateriten schwanken die Fe2O3-Gehalte im Bereich zwischen 0,3% und 84% und betragen im Durchschnitt 15,8% (n = 135) (Abb. 108). Für eine Verwendung als Feuerfestmaterial müßte somit ein selektiver Abbau nach eisenarmen Gesteinen erfolgen, wobei sich die nutzbaren Vorräte bei Fe2O3 < 2% auf ca. 30% reduzieren würden.

Betrachtet man zunächst die rein chemischen Parameter, so sind die eisenarmen Tawiga-Flintclays im Vergleich zu anderen Flintclays, die als Feuerfestmaterial eingesetzt werden, durchaus für diesen Zweck geeignet (Tab. 33). Allein durch den Vergleich der chemischen Parameter lassen sich die Eigenschaften der Flintclays jedoch nicht voraussagen (KELLER & FITZPATRICK 1981). Aus diesem Grunde werden standardisierte Brennversuche durchgeführt. Als Maß für die Feuerfestigkeit wird der PCE-Wert (Pyrometric Cone Equivalent) herangezogen (vgl. Tab. 33) bzw. der Segerkegel-Fallpunkt bestimmt (SINGER & SINGER 1964), der ein vergleichbares Maß darstellt.

Abb. 108: Häufigkeitsverteilung von Fe2O3 im Tawiga-Flintclay.

 

 
Flintclay (+)
Olive Hill, Kentucky
Flintclay (*)
Missouri
Flintclay (*)
Jebel Tawiga, Sudan
PCE
33-34
33-34
n.a.
SiO2 (%)
45,5
43,42
41,1
Al2O3 (%)
36,0
38,63
40,1
Fe2O3 (%)
1,18
0,55
1,0
TiO2 (%)
2,0
0,04
2,8
CaO (%)
0,08
0,04
0,3
MgO (%)
0,36
0,1
0,1
K2O (%)
1,0
0,3
< 0,1
Na2O (%)
0,1
0,12
< 0,1
Glühverlust (%)
13,0
13,90
14,0
Kaolinit (%)
90
> 85
88
Glimmer (%)
0,25 - 0,5
--
--
Quarz (%)
0,5 - 1,0
--
--
Anatas (%)
Spuren
--
2,8

Tab. 33: Vergleich der chemisch-mineralogischen Gehalte verschiedener Flintclays (Angaben in Masse-%). (+) aus PATTERSON & MURRAY (1984); (*) selektiert, Fe2O3 <= 2%, n = 39 = 29,5% von insg. 132 Proben; n.a. = nicht analysiert.

Eine Nutzung des Vorkommens für die Aluminiumgewinnung kann trotz der relativ hohen Al2O3-Gehalte schon aufgrund der hohen Anteile an Kaolinit ausgeschlossen werden, da für das Bayer-Verfahren der Rohstoff hauptsächlich in Form von Bauxitmineralen vorliegen muß. Die lateritische Zone der Tawiga-Kaoline besitzt einen durchschnittlichen Al2O3-Gehalt von 34%, der Böhmitgehalt beträgt im Mittel jedoch nur ca. 4,5%. Die meisten im Abbau befindlichen Bauxitlagerstätten hingegen besitzen Al2O3-Gehalte zwischen 40 und 52% (BARDOSSY & ALEVA 1990). Auch im Falle eines selektiven Abbaus der böhmitreichen Zonen wäre der Anteil an reaktiver Kiesels"ure in Form von Kaolinit zu hoch.

Die potentiellen Vorräte an Al2O3-reichen Kaolinen im Tawiga-Gebiet lassen sich schwer abschätzen, da ein Großteil des Vorkommens unter geringmächtiger sedimentärer Bedeckung liegt. Legte man lediglich die aufgeschlossenen Bereiche mit Mächtigkeiten von durchschnittlich 10 m zu Grunde, ohne allerdings eine Selektion nach beispielsweise Fe2O3-Gehalten vorzunehmen, ergäben sich Vorräte in der Größenordnung von mehreren Milliarden Tonnen. Eine kurz- oder mittelfristige Nutzung dieser potentiellen Rohstoffe kann jedoch ausgeschlossen werden, da sich das Vorkommen in einem vollariden Gebiet befindet und jegliche Infrastruktur fehlt.

Die hydrothermal gebildeten "Kaoline" von Derudeb, mit maximalen Mächtigkeiten bis zu 8 m, sind durch eine stark inhomogene Zusammensetzung gekennzeichnet. Das Gestein ist allerdings schlämmbar, wodurch eine deutliche Anreicherung von Kaolinit bzw. eine Trennung der Quarz-, Glimmer- und Feldspatanteile erreicht werden könnte. Über die geschätzten Tonnagen der nichtaufbereiteten Rohstoffe werden unterschiedliche Angaben gemacht. Die Schätzungen bewegen sich zwischen 1,8 und 2 Mio t (HASSAN 1967, zitiert in WHITEMAN 1971; BABIKER & YASSIN 1978). TAHA et al. (1975) geben lediglich 36.000 t an. Eine Überdeckung ist meist nur gering vorhanden oder fehlt ganz.

Bei den untersuchten Proben lassen sich nur geringe Kaolinitgehalte in der Größenordnung von meist weniger als 5% nachweisen, so daß die üblichen keramischen Verwendungen auszuschließen sind. Sollte sich herausstellen, daß bestimmte Bereiche im Khor Derudeb tatsächlich einen höheren Grad der Kaolinisierung aufweisen, so wäre zu überlegen, ob sich ein Transport zu potentiellen Verbrauchern in den Ballungsgebieten überhaupt rentiert. Eine Aufbereitung an Ort und Stelle käme wegen des Fehlens von Wasser ohnehin nicht in Frage.