2.2.3 Nubischer Zyklus (Oberjura - Oberkreide)
Die Entwicklung des Nubischen Zyklus wurde wiederum
durch ein großtektonisches Ereignis eingeleitet. Die beginnende Desintegration
des Pangäa-Kontinents im Jura, beendete die Hebungstendenz im ägyptischen
Raum. Eine ähnliche strukturelle Situation mit einer leicht nordwärts
geneigten Platte, wie sie bereits während des paläozoischen Zyklus vorherrschte,
wurde hierdurch wieder hergestellt (KLITZSCH 1986, KLITZSCH & SQUYRES
1990). Südwärts gerichtete, transgessive Phasen der Tethys, besonders
im Aptium, wurden u.a. durch diese Neigung begünstigt. Eine Verzahnung
der nach Norden transportierten fluviatilen mit den südwärts gerichteten
transgressiven marinen Sedimenten lässt sich besonders im Gebiet von Aswan
und dem Wadi Quena beobachten (KLITZSCH 1986). Allgemein lassen sich die
marin dominierten Sedimentabfolgen im Zeitraum Oberjura bis Unterkreide
hauptsächlich im Norden Ägyptens beobachten, während nach Süden hin zunehmend
kontinentale Einflüsse vorherrschten.
Im NW-Sudan setzt der Nubische Zyklus im Turon mit
der Wadi Howar Formation ein, die dem präkambrischen
Grundgebirge diskordant aufliegt. Das stratigraphische Alter dieser Formation
dürfte dem Turon und Santon entsprechen (KLITZSCH & WYCISK 1987). Die
meist fluviatilen, mittel- bis grobkörnigen Sandsteine sind kaolinisiert
(WYCISK 1990). Im Gebiet des Abyad Plateaus zeugen schräggeschichtete
Sandsteine mit Spurenfossilien wie Thalassinoides,
Rhizocorallium und Skolithos von kurzen,
aber intensiven, flachmarinen Meereseinbrüchen. Der obere Teil der Wadi
Howar Formation ist lateral faziell stark differenziert, jedoch dominieren
Ablagerungen verzweigter Flusssysteme. Kaolinitische Paläoböden mit ausgeprägten
Fleckenzonen und Wurzelstrukturen, wie sie im Südosten des Abyad Plateaus
auftreten, unterlagen wahrscheinlich einer polyzyklischen Genese (WYCISK
1989). FISCHER (1989) wertet dies als Beleg für intensive Lateritisierung,
verbunden mit einer relativen tektonischen Stabilität.
Die Wadi Howar Formation wird durch die Kababish
Formation lokal diskordant überlagert. Stratigraphisch ist sie
anhand von Pflanzenfossilien in die Oberkreide zu stellen. Ähnlichkeiten
mit Floren aus der Mut und Kiseiba Formation in S-Ägypten machen eine
Einstufung ins Campan und Maastricht wahrscheinlich (KLITZSCH & WYCISK
1987, KLITZSCH 1990). Am Jebel Abyad besteht die Kababish Formation aus
tidalen, lakustrinen und fluviatilen Sedimenten. Auch Paläoböden sind
vorhanden. Nach BARAZI (1985) zeichnen sich die meisten Schichten durch
hohe Bioturbation aus. Ichnofossilien, vergleichbar mit denen der Wadi
Howar Formation, sind häufig anzutreffen. Die Kababish Formation am Jebel
Abyad wird von jungtertiären, flachmarinen Sedimenten (Jebel Abyad Formation)
überlagert.
Im Osten, um Dongola sowie westlich im Gebiet um Nukheila
und Atrun, nehmen die marinen Einflüsse stark ab. Das Gebiet um Atrun
zeichnet sich durch das Auftreten hydromorpher Paläoböden aus, die Mächtigkeiten
bis zu 70 m erreichen und aus kaolinitischen Silt- und Sandsteinen bestehen.
Nach WYCISK (1990) entsprechen sie einer monozyklischen Entwicklung und
sind wahrscheinlich der Fazies einer Küstenebene zuzuordnen. Die von FISCHER
(1989) untersuchten Paläoböden weisen "fining upward" Sequenzen auf und
werden als umgelagerte Produkte lateritischer Verwitterung interpretiert,
die einer vermutlich kurzen pedogenetischen Überprägungsphase ausgesetzt
waren. Die Kaolinitanteile liegen zwischen 20% und 38%. Auch im Gebiet
südwestlich des Jebel-Abyad-Plateaus treten stark durchwurzelte Paläoböden
auf, die jedoch durch in-situ-Lateritisierung (Latosole) gebildet wurden,
wobei eine längere Sedimentationsunterbrechung angenommen werden kann.
Sie unterscheiden sich ferner von den Atrun-Böden durch eine stärkere
Alteration und durch höhere Kaolinitgehalte mit durchschnittlich 58% (FISCHER
1989).
Das Gebiet um Khartoum, mit Ausdehnungen nach Norden
in die Shendi-Atbara-Region sowie nach Westen, ist durch das Auftreten
kontinentaler Sedimente, hauptsächlich Sandsteine, gekennzeichnet. Diese
kamen durch verzweigte Flusssysteme im Faziesbereich von Alluvialebenen
oder in Küstenebenen zur Ablagerung (BUSSERT 1993a). Innerhalb dieses
Gebietes können lithofaziell vier Formationen unterschieden werden: Wadi
Milk Formation, Omdurman Formation, Shendi Formation und Tagabo Formation.
Sämtliche Formationen sind zeitäquivalent und werden stratigraphisch in
das Alb bis Cenoman eingeordnet.
Die Verbreitung der Wadi Milk
Formation lässt sich im Raum Dongola und im Gebiet zwischen Khartoum
und dem Wadi Howar verfolgen. Die fein bis grobkörnigen Sandsteine enthalten
neben silifizierten Hölzern und Bäumen auch Mikrofloren, die von SCHRANK
(1990) als Alb-Cenoman datiert wurden. Im Westen des Jebel Nagashush treten
bis zu 30 m mächtige, kaolinreiche Sequenzen auf (WYCISK 1991). Im Raum
des Wadi Milk und bei Dongola überlagert die bis zu 350 m mächtige Formation
diskordant das granitische Grundgebirge. Im Wadi Milk wird sie ihrerseits
von der Wadi Howar Formation (Turon-Santon) überdeckt (WYCISK 1991).
Nach Westen, im Raum El Fasher - Malha, dominieren
mittel- bis grobkörnige, oft kaolinreiche Sandsteine, die im Bereich der
Tagabo Hills dem Grundgebirge aufliegen. Diese als Tagabo
Formation bezeichnete Sequenz, mit Mächtigkeiten von ca. 150 m,
enthält Makrofloren, vergleichbar mit denen der Wadi Milk Formation, was
eine Einstufung ins Alb-Cenoman wahrscheinlich macht (WYCISK et al. 1990).
Am Jebel Tageru hingegen überlagert die Tagabo Formation silurische und
karbonische Einheiten.
Die klastischen Sedimente der Shendi
Formation sind überwiegend feinkörnig ausgebildet und lassen sich
faziell dem Ablagerungsmilieu von verzweigten und mäandrierenden Flusssystemen
zuordnen, wobei die Sedimente oftmals in Überflutungsebenen abgelagert
wurden. Auch lakustrische Bildungen sind in geringem Masse vorhanden (BUSSERT
1993b). Die von KHEIRALLA (1966) als "Quartzose Sandstone" bezeichnete
Serie wurde von WHITEMAN (1970, 1971) in Shendi Formation umbenannt. Innerhalb
der Serie treten kontinentale, oolithische Eisensteine auf, die auch plateaubildend
vorkommen (FISHER 1989, GERMANN et al. 1990a, SCHWARZ 1992). SCHWARZ (1992)
interpretiert diese als umgelagerte, pedogene bzw. lateritderivate Bildungen,
während BUSSERT (1993b) eher diagenetische Prozesse in Zusammenhang mit
den weitverbreiteten Eisenbändern annimmt. Linsenförmige Kaoline vom Typ
der Hochflutablagerung, mit Mächtigkeiten bis zu ca. 4 m und lateraler
Erstreckung im 100 m Bereich, sind am Jebel Umm Ali (östliches Nilufer)
sowie nahe der Ortschaft Salawa (westliches Nilufer) aufgeschlossen und
untersucht worden (vgl. Kap. 4.12 bis 4.19). Die Kaolinitgehalte schwanken
im Durchschnitt zwischen 50 und 60%.
Westlich und östlich von Khartoum sind Sedimente der
Omdurman Formation verbreitet. Sie entsprechen
der ursprünglich von KHEIRALLA (1966) als "Merkhiyat Sandsteine" bezeichneten
Serie (WHITEMAN 1971). Die in einem mäandrierenden Flusssystem transportierten
feinkörnigen, klastischen Sedimente der Basis wurden u.a. in Überflutungsebenen
und Seen sedimentiert. Zum Jüngeren hin überwiegen gröbere Fraktionen
eines verzweigten Flusssystems. An mehreren Lokalitäten westlich von Khartoum,
z.B. Jebel Merkhiyat, lassen sich innerhalb dieser Sequenz linsenförmig
eingeschaltete Kaoline beobachten, die in ihrem Auftreten mit denen der
Shendi Formation vergleichbar sind. Pollen- und Sporenanalysen der kaolinitischen
Sedimente ergaben ein äquivalentes Alter (Alb-Cenoman) mit den Fossilien
der Shendi Formation (SCHRANK & AWAD 1990).
Im Ostsudan, im Gebiet zwischen Gedaref und der äthiopischen
Grenze, überlagern Sedimente der Gedaref Formation
(WHITEMAN 1971) das präkambrische Grundgebirge. Anhand der Ergebnisse
von MEUNIER et al. (1985) sowie eigener Untersuchungen konnte eine lithostratigraphische
Dreiteilung der Formation vorgenommen werden (vgl. Kap. 4.2). Als älteste
Einheit treten Quarzite auf (Untere Gedaref Formation), die von eisenreichen
Sandsteinen und kaolinitischen Siltsteinen überlagert werden (Mittlere
Gedaref Formation). Die jüngste Einheit wird von stark silifizierten und
teilweise alunitreichen Kaolinen gebildet (Obere Gedaref Formation), wobei
die aufgeschlossenen Mächtigkeiten bis zu 60 m betragen. Die Sedimente
wurden in einem fluviatil-limnischen Milieu abgelagert. Ein verlässliches
stratigraphisches Alter konnte aufgrund mangelnder Faunen bislang nicht
eindeutig bestimmt werden. Funde fossiler Makrofloren weisen auf ein oberkretazisches
bis paläogenes Alter hin (CHIALVO 1975, PRASAD et al. 1986). Mit Hilfe
radiometrischer Datierungsmethoden am Alunit im Kaolin konnte ein Mindestalter
von 51,2 Mio. J.(+/- 1,2)(K/Ar) für die Obere Gedaref Formation bestimmt
werden, was einem paläozänem Alter entspricht. Überlagert werden die Kaoline
teilweise von oligozänen Basalten oder quartären Sedimenten. Eine mögliche
Verzahnung der Gedaref Formation mit dem marinen Adigrat Sandstein (Trias)
im Gebiet des östlichen Setit (WHITEMAN 1971) ist aufgrund der gefundenen
Floren sowie unterschiedlicher Paläoströmungsrichtungen als unwahrscheinlich
anzusehen. Die Bildung und Akkumulation mächtiger Kaoline setzt einen
intensiven Verwitterungsprozeß unter warm-humiden Klimabedingungen
voraus. Beste klimatische Voraussetzungen hierfür waren wiederum in der
Oberkreide gegeben.
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