3.1.4 Interpretation zur Genese
Zusammenfassend betrachtet zeigen die Laterite des Jebel
Tawiga im Vergleich zu den meisten Verwitterungslagerstätten hinsichtlich
ihrer Altersstellung sowie der texturellen und strukturellen Merkmale
ein ungewöhnliches Erscheinungsbild. Insbesondere die Ausbildung der Laterite
als Flintclays wurden an keiner anderen Lokalität im Nordsudan beobachtet.
Die von FISCHER (1989) untersuchten oberkretazischen Flintclays aus dem
Wadi Kalabsha in Südägypten sind im Gegensatz zu den Flintclays vom Jebel
Tawiga einem fluviatil-limnischen Milieu zuzuordnen.
Es stellt sich die Frage, welcher Art die Prozesse waren,
die zur Bildung dieser Gesteine führten. Nach der These von CURTIS & SPEARS
(1971) sind Flintclays (bauxitic kaolins) als Produkte einer diagenetischen
Umwandlung ehemaliger Verwitterungsprodukte, die freie Aluminiumphasen
enthielten, aufzufassen. Aufgrund experimenteller Löslichkeitsversuche
an Gibbsit und Kaolinit wird die Ansicht vertreten, daß freie Tonerdeverbindungen
in lateritischen Böden dazu neigen, in allen sedimentären Umgebungen spontan
zu verkieseln. Der Prozeß der Resilifizierung und die damit verbundene
Neubildung von Kaolinit führt schließlich zur Bildung von Flintclays.
Die Umwandlung von beispielsweise Gibbsit in Kaolinit hat eine Volumenausdehnung
von 48% zur Folge und ist für die Verzahnung der Kristalle und die daraus
resultierenden typischen Härte- und Brucheigenschaften der Flintclays
verantwortlich. Die Volumenzunahme wiederum führt zu verminderter Porenwasserzirkulation
und zur Fixierung von Eisenoxiden. "Restricted pore-water circulation
(low porosity) obviously would favour the preservation of ferric iron
from reduction and free alumina from silicification. Complex color textures
due to iron pigmentation are to be anticipated" (CURTIS & SPEARS 1971,
S. 223). Im Falle der Tawiga-Flintclays erklärt dieser Prozeß sowohl den
Gehalt an "Restbauxitmineralen" als auch die texturellen und strukturellen
Eigenschaften, respektive die Existenz der außergewöhnlichen "Mega-mottles".
Ein weiteres Argument für diese Hypothese ist die durch Mikrosondenanalyse
festgestellte metasomatische Verdrängung von Böhmit und Gibbsit durch
Kaolinit (vgl. Kap. 3.1.3.3). Auch die gute Kristallinität und die Bildung
einzelner Kristalle mit einem Durchmesser bis zu 10 µm könnte möglicherweise
mit dem Prozeß der Resilifizierung einer Verwitterungskruste, in der die
Alkali- und Erdalkalielemente bereits abgeführt waren, in Zusammenhang
stehen.
Das dargestellte Resilifizierungsmodell wird von KELLER
& FITZPATRICK (1981) abgelehnt. KELLER (1968) beschreibt die Flintclaybildung
im wesentlichen als einen diagenetischen Desilifizierungsprozeß von bereits
aufgearbeiteten, umgelagerten Verwitterungsprodukten in einem überwiegend
paludalem oder fluviatilem Milieu. Das von KELLER (1968) postulierte Modell
mag durchaus für viele Vorkommen seine Berechtigung haben, schließt jedoch
eine alternative Genese durch Resilifizierung nicht aus. Auch stimmt die
geologische Situation am Jebel Tawiga nicht mit der typischen Flintclayfazies
im Sinne KELLERS überein, da hier die Verwitterungsprodukte in situ erhalten
sind.
Produkte lateritischer Verwitterung sind für die Rekonstruktion
paläoklimatischer Bedingungen geeignet, da sie nur unter den Bedingungen
eines warm-humiden Klimas gebildet werden. Nach BARDOSSY & ALEVA (1990),
CHAFETZ (1980) und VAN HOUTEN (1985) herrschten im Zeitraum zwischen dem
frühen Kambrium und dem späten Ordovizium Klimaverhältnisse, die für eine
Lateritisierung günstig waren. Trotzdem gibt es für diesen Zeitraum weltweit
nur wenige Lateritvorkommen. Erosionsprozesse infolge fehlender Vegetationsdecken
dürften hierfür hauptsächlich verantwortlich sein. Auch die in vielen
Fällen mangelnde Möglichkeit der Altersbestimmung von Verwitterungsprodukten
mag in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen.
Für den nordafrikanischen Raum setzte nach FRAKES et al.
(1992) eine erste Warmperiode im frühesten Kambrium ein und endete im
mittleren Ordovizium. Im späten Ordovizium hingegen läßt sich eine Vereisungsphase
zumindest für Westafrika nachweisen (FABRE & MAINGUET 1991). Die Lateritisierung
im Gebiet des Jebel Tawiga läßt sich, wie bereits beschrieben, durch die
überlagernden oberordovizisch-untersilurischen marinen Sandsteine zeitlich
eingrenzen (Abb. 41). Sie muß somit vor der glazialen Phase erfolgt sein,
also zwischen der Konsolidierung des Pan-Afrikanischen Grundgebirges (570
Ma - frühestes Kambrium) und dem mittleren Ordovizium.
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Abb. 41: Schematische Zuordnung der Lateritbildung
im Gebiet des Jebel Tawiga zur früh-paläozoischen Klimaentwicklung
in Nordafrika. |
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