4.2.2 Lithostratigraphie der Gedaref Formation
Der Begriff "Gedaref Formation" wurde erstmals von WHITEMAN
(1971) für die Sedimentserie im Gebiet zwischen Gedaref und der äthiopischen
Grenze eingeführt. Die frühere lithofazielle Einstufung als "Nubische
Serie" oder "Nubische Sandstein Formation" (DELANY 1952, SULEIMAN 1968),
die jedoch kein definiertes stratigraphisches Alter besitzt, wurde somit
ersetzt.
Aufgrund der Verzahnung der Gedaref Formation im Bereich
des östlichen Setit mit den Adigrat-Sandsteinen, die in Äthiopien verbreitet
sind, und die ihrerseits von jurassischen Kalken (Antalo-Kalkstein) überlagert
werden, schloß WHITEMAN (1971), daß Gedaref Formation und Adigrat-Sandstein
zeitäquivalent seien. Tatsächlich läßt sich bislang keine sichere stratigraphische
Einstufung der Gedaref Formation vornehmen. Am Jebel Abu Tuyur wurden
zwar fossile Pflanzenreste im kaolinitischen Sediment gefunden, die der
Gruppe der Angiospermen angehören, deren genauere stratigraphische Einordnung
war jedoch nicht möglich (Schrank 1992, pers. Mitt.). Auch MEUNIER et
al. (1985) beschreiben Funde fossiler Hölzer in Sandsteinen im Bereich
der Flüsse Atbara und Setit, die jünger als Alb einzustufen sind. Von
ähnlichen Angiospermenfunden (Leguminosae, Meliaceae, Sapindaceae) berichtet
CHIALVO (1975), die ein oberkretazisches Alter für wahrscheinlich hält.
PRASAD et al. (1986) hingegen schließen ein tertiäres Alter dieser Pflanzen
nicht aus, da in Nordafrika fossile Hölzer der Spezies Meliaceae bislang
nur in postpaläozänen Sedimenten gefunden wurden (LOUVET 1973, LEMOIGNE
1978). Mehrere eigene Versuche mit Hilfe von palynologischen Untersuchungen
eine Altersdatierung der Sedimente zu erreichen, führten zu keinem verwertbaren
Ergebnis. Durch die radiometrische Untersuchung (K-Ar-Methode) der alunitreichen
Kaoline vom Jebel Abu Tuyur läßt sich allerdings ein Mindestalter von
51 Mio J. (U. Eozän) für die obere Gedaref Formation angeben (vgl. Kap.
4.2.6.3).
Detaillierte sedimentologische und gravimetrische Untersuchungen
im Raum östlich und nordöstlich von Gedaref wurden von MEUNIER et al.
(1985) durchgeführt, die eine vorläufige Differenzierung in folgende fünf
sedimentäre Faziestypen der Gedaref Formation vornehmen:
1. Weiße bis rötliche, sehr harte Quarzite, z.T. diskordant
über dem Grundgebirge (Jebel Kasamor).
2. Rote eisenreiche Sandsteine.
3. Weiße silifizierte Kaoline.
4. Rote kontaktmetamorph überprägte Kaoline ("cooked kaolin").
5. Gut sortierte Silte, silifizierte Schiefer und Sandsteine im Gebiet
der Flüsse Atbara und Setit (Atbara-Sandstein).
Ob die Sedimente im Bereich der beiden Flüsse mit der quarzitisch-kaolinitischen
Fazies (1-4) zeitäquivalent oder jünger sind, konnte nicht eindeutig geklärt
werden. MEUNIER et al. (1985) unterteilt die Atbara-Sandsteine in:
- "Thin sandstone bodies facies"
- schräggeschichtete eisenreiche Sandsteine, oft im obersten Bereich der
Aufschlüsse am Atbara.
- "Thick sand bodies facies" - schräggeschichtete
weiße bis graue Sandsteine, mittel-grobkörnig, Mächtigkeiten zwischen
einem und mehreren Metern.
- "Mixed silts and sandstone facies" - marmorierte
Silte mit Wurzelstrukturen und fossilisierten Hölzern, abgelagert in Überflutungsebenen.
Im Gebiet des Setit erscheinen Kaoline und dickbankige
Sandsteine lateral eng verbunden. Es besteht zum einen die Möglichkeit,
daß die Kaoline durch ein hochenergetisches fluviatiles Ereignis partiell
erodiert wurden und anschließend die Sedimentation der Sandsteine erfolgte.
Andererseits kann auch ein zeitlich äquivalenter lateraler Wechsel des
Sedimentationsmilieus die Ausbildung beider Faziestypen nebeneinander
bewirkt haben.
Bis auf den Punkt 4 wurde diese Grobeinteilung durch eigene
Geländearbeiten bestätigt. Die von MEUNIER et al. (1985) als "cooked kaolins
by basalt flows" bezeichneten Gesteine sind am Jebel Abu Tuyur sowie am
Jebel Umm Rakuba aufgeschlossen und zeichnen sich durch relativ hohe Hämatit-
und SiO2-Gehalte sowie durch eine intensive Klüftung aus. Am Jebel Abu
Tuyur wurden zwischen dieser Gesteinsfazies und den überlagernden Basalten
ca. 3 m mächtige, gering bis nicht silifizierte Kaoline beobachtet, so
daß eine Frittung der Kaoline auszuschließen ist. Zudem dürften Laven
keineswegs in der Lage sein, ca. 8 m mächtige Sedimente pyrometamorph
zu verändern. Der Einfluß von hydrothermalen Lösungen kann hingegen nicht
ausgeschlossen werden. In der Abb. 63 sind die verschiedenen Faziestypen
in Beziehung zu den liegenden und hangenden Gesteinen skizziert. Danach
sind die eingezeichneten Störungen sowie die Zeitäquivalenz zwischen Atbara-Sandstein
und der Gedaref Formation rein hypothetisch.

Abb. 63: Fazies-Beziehung im Raum Gedaref
(nach MEUNIER et al. 1985).
Anhand eigener Geländebefunde läßt sich eine lithostratigraphische
Untergliederung in eine untere, mittlere und obere Gedaref Formation vornehmen
(Tab. 21).
|
Formation |
Lithofazies |
Typlokalitäten |
QUARTÄR |
|
"black cotton soil" |
gesamtes Gebiet |
PLIOZÄN |
"Karab Formation" |
"bad land"-Sedimente |
Hukuma |
MIOZÄN |
|
Basaltgänge
(22 - 11 Ma. K-Ar) |
Abu Reida |
OLIGOZÄN |
|
Rhyolithe (30 ma)
Basalte (31,6 Ma ± 1,5; K-Ar
Trachyte (36 Ma ± 2; K-Ar |
J. Abu Qulut
J. Abu Tuyur
J. Danb el Kalb |
? |
|
Atbara-Sandstein |
Atbara und Setit |
EOZÄN /
OBERKREIDE
? |
Obere Gedaref Formation
|
Alunit im Gedaref-Kaolin
(51 Ma ± 1,2; K-Ar) - weiße, silifizierte und alunitisierte
Kaoline mit flintclay-artigem Charakter |
J. Abu Tuyur
Magarif |
? |
Mittlere Gedaref Formation |
Wechsellagerung von eisenreichen Sandsteinen
mit kaolinitischen Siltsteinen (fining upward) |
J. Dageina |
? |
Untere Gedaref Formation |
weiß-rötliche Quarzite
|
J. Tamergu |
PRÄKAMBRIUM |
Grundgebirge |
Granite und Schiefer |
Gereirat und J. Kasamor |
Tab. 21: Lithostratigraphische Einheiten im Gedaref-Gebiet.
Das Hauptinteresse der eigenen Untersuchungen gilt den Kaolinen
der oberen Gedaref Formation. Entsprechend wurden auch die meisten Proben
aus dieser Einheit genommen. Die maximal aufgeschlossenen Mächtigkeiten
betragen bis zu 60 m.
Das Ablagerungsmilieu der
Gedaref Formation kann anhand des sedimentologischen Inventars als fluviatil-limnisch
charakterisiert werden. Verschiedene Typen von Schrägschichtungskörpern,
Rinnensedimenten (multistory channels), "water escape-structures", Flaserschichtungen,
Sedimentbänke (point bars), Vorschüttungssedimente (foresets) etc. in
den gröberen Sedimenten sind indikativ für ein relativ hochenergetisches
Milieu. Die sandig-siltigen Sedimente hingegen, die gelegentlich von Erosionsrinnen
durchschnitten werden, wurden in einem energetisch niedrigerem Milieu
abgelagert. Aus diesen Hochflutsedimenten haben sich z.T. marmorierte
Paläoböden entwickelt, wie etwa zwischen Rumeila und Kereida (Atbara)
oder im Setit-Gebiet. Anhand der Formen, Mächtigkeiten und Breitenverhältnisse
der Rinnensedimente kann auf ein verzweigtes Flußsystem mit gelegentlichem
Wechsel zu einem meandrierenden System geschlossen werden (MEUNIER et
al. 1985).
Oftmals konnten zyklisch abgelagerte Sandsteine und kaolinreiche
Siltsteine beobachtet werden, wie dies am Jebel Dageina und Jebel Humra
der Fall ist. Am Jebel Dageina sind beispielsweise drei "fining-upward"
Zyklen entwickelt. Die obersten Bereiche der Profile werden von massig
ausgebildeten, stark silifizierten, "flint clay"-artigen Kaolinen gebildet,
die kaum sedimentologische Merkmale zeigen. Dies ist auf die strukturauslöschenden,
diagenetischen Effekte der Silifizierung zurückzuführen. An mehreren Lokalitäten
wurden sowohl von MEUNIER et al. (1985) als auch durch eigene Untersuchungen
Schwammnadeln im Kaolin identifiziert, die der Gattung Spongillidae angehören
(REITNER 1993, pers. Mitt.) und Anzeiger für ein limnisches Milieu sind.
Paläoströmungsmessungen in
den sandig-siltigen Gesteinen der Gedaref Formation belegen für nahezu
den gesamten Raum ein Liefergebiet, das im Süden bzw. Südosten lag (Abb.
64). Auf äthiopischer Seite, im Gebiet um den Tana-See, weisen die Paläoströmungsrichtungen
im Adigrat-Sandstein hingegen nach Osten (VAIL 1978). Die von WHITEMAN
(1971) angenommene stratigraphische Äquivalenz zwischen Gedaref Formation
und Adigrat-Sandstein muß schon aus diesem Grunde angezweifelt werden
(VAIL 1978). Auch im zentralen Teil des westlichen äthiopischen Plateaus,
nördlich von Addis Abeba, wurde im Mugher-Tonstein (Kimmeridge) und im
Debre Libanos-Sandstein (Unterkreide) eine nach Südosten gerichtete Paläoströmungsrichtung
festgestellt. ASSEFA (1991) nimmt an, daß als Liefergebiet ein ehemaliges
Hochgebiet im Bereich der äthiopisch-sudanesischen Grenze in Frage kommt.

Abb. 64: Paläoströmungsrichtungen im Gedaref-Gebiet
(ergänzt und modifiziert nach MEUNIER et al. 1985).
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