6.3 Rohstoffpotential
Als Grundlage für die Bewertung von Rohstoffen dient im
allgemeinen zunächst eine systematische Erfassung der vorhandenen Vorkommen.
Um deren Eignung für mögliche Anwendungsbereiche aufzuzeigen, müssen in
einem zweiten Schritt die spezifischen Eigenschaften dieser Rohstoffe
bestimmt werden. Die Untersuchung der genetischen Zusammenhänge, die zur
Bildung der jeweiligen Vorkommen führte, hat nicht nur eine rein wissenschaftliche
Relevanz sondern ist für das Auffinden weiterer Rohstoffe von besonderer
Bedeutung.
Am Beispiel der Kaolinvorkommen im Nordsudan wurde im Zuge
dieser Arbeit versucht, diesem Konzept zu folgen und die Grundlagen dafür
zu schaffen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse einer anwendungsbezogenen,
praktischen Nutzung Näherzubringen. Die Ergebnisse zeigen, daß vor allem
die Kaolinvorkommen am Jebel Merkhiyat, ebenso wie die Kaoline im Raum
nördlich von Khartoum, die alle dem Typ der Hochflutablagerungen angehören,
für eine Nutzung, vor allem auf dem Sektor der Keramikproduktion, von
vorrangigem Interesse sind. Die Gründe hierfür sind einerseits die geringe
diagenetische Überprägung dieser Kaoline, die eine Naßaufbereitung zu
läßt, und andererseits die Verfügbarkeit von Wasser und die Nähe zu den
Ballungsgebieten. Trotz der riesigen Vorräte und der höheren Kaolinit-Gehalte
der Gedaref-Kaoline ist eine Nutzung zunächst von geringerer Bedeutung,
da sich diese aufgrund der starken Silifizierung nicht dispergieren lassen
und deshalb einen vergleichsweise höheren technischen Aufwand bei der
Weiterverarbeitung erforderlich machen würden. Ferner ist das Vorkommen
von Gedaref im Vergleich zu den "Hochflutkaolinen" hinsichtlich der Infrastruktur,
der geographischen Lage und der Nähe zu möglichen Absatzmärkten für die
jeweiligen Produkte benachteiligt. Auch die Nutzung der bauxitführenden
Flintclays am Jebel Tawiga als Feuerfestmaterial kommt wegen der Abgelegenheit
des Vorkommens nicht in Betracht.
Die Ergebnisse der Untersuchungen haben gezeigt, daß die
qualitativen Eigenschaften der Kaoline in starkem Maße von diagenetischen
Veränderungen abhängig sind, wodurch sich zwangsläufig auch unterschiedliche
Applikationsmöglichkeiten ergeben. Die jeweiligen Bildungsräume, in denen
eine Akkumulation von Verwitterungsprodukten erfolgte, ist entscheidend
für deren Quantität verantwortlich, wie sich am Beispiel der geringmächtigen
"Hochflutkaoline" und der mächtigen fluviatil-limnischen Kaoline im Gedaref-Becken
gezeigt hat.
Ob in Zukunft eine Nutzung der Kaoline für die Herstellung
keramischer Produkte im Nordsudan erfolgt, für die es ohne Zweifel eine
entsprechende Nachfrage gibt, hängt letzten Endes nicht nur von den qualitativen
Eigenschaften der Rohstoffe ab, sondern auch von wirtschaftlichen Kriterien.
Erste positive Ansätze sind zumindest in Khartoum bereits erkennbar, wo
auf privatwirtschaftlicher Basis keramische Produkte für den lokalen Bedarf
hergestellt werden.
Für die Prospektion auf weitere Kaolinvorkommen im Nordsudan
dürfte sich vor allem das Gebiet nördlich von Khartoum im Einzugsbereich
des Nils als höffig erweisen. Es ist zu vermuten, daß dort weitere Vorkommen
vom Typ der Hochflutablagerung vorhanden sind, aber auch verwittertes
Grundgebirge mit geringer sedimentärer Bedeckung, wie z.B. nahe der Ortschaft
Geili, ca. 45 km nördlich von Khartoum, könnten für eine künftige Nutzung
in Frage kommen.
Durch die Auswertung von Satellitenbildern in Form thematischer
Karten lassen sich die Verbreitungsgebiete oberflächlich aufgeschlossener
Kaolinanreicherungen deutlich machen, wie dies beispielsweise kürzlich
für die sedimentären Kaoline der Tagabo Formation im Raum Nyala erfolgreich
durchgeführt wurde (MEISSNER 1994, pers. Mitt.). Die Anwendung dieser
Technik dürfte bei künftigen Prospektionsstrategien zur Auffindung neuer
Kaolinvorkommen entscheidende Bedeutung erlangen.
|